Seit 2010 sind digitale Spiegelreflexkameras meine treuen Begleiter auf fast allen Reisen. Meine Canon EOS 600D mit Budget-Reiseobjektiv Tamron 18-200mm f/3.5-6.3 hat mir viele fantastische Bilder geliefert, von Marokko bis Iran.
Doch mit fast einem Kilogramm Gewicht wurde mir die Kamera langsam zur Last. Obwohl ich einen speziellen luftgepolsterten Tragegurt verwendete, litt ich zunehmend unter Nacken- und Rückenschmerzen. Dazu kam in Ländern wie Brasilien oder Ecuador die Angst, dass mir die Kamera geklaut wird.
Vor allem aber habe ich es vermisst, einfach mal nur mit einer kleinen Handtasche durch eine Stadt zu bummeln, ohne mich dann mit Handy-Qualität zufrieden geben zu müssen.
Glücklicherweise gibt es für alle, denen eine Spiegelreflexkamera zu schwer ist, aber die Bildqualität von Bridge- oder Kompaktkameras nicht ausreicht, endlich eine bezahlbare Lösung: sogenannte System-Kameras.
Was ist eine Systemkamera?
Systemkameras sind spiegellose, kompakte Kameras mit austauschbaren Objektiven, die Bilder in hoher Qualität aufnehmen. Der verbaute Sensor ist in der Regel der gleiche wie in einer Einsteiger-Spiegelreflexkamera.
Wegen des günstigen Preises von 330 Euro habe ich mir vor meiner Indienreise 2015 eine Sony Alpha 5000 mit Kit-Objektiv SELP 16-50 mm f/3.5-5.6 besorgt.
Im Vergleich zur digitalen Spiegelreflexkamera hat eine Systemkamera für mich folgende Vor- und Nachteile:
✅ Systemkameras sind kompakter, leichter und viel unauffäliger – siehe das Titelbild des Artikels
✅ Die Bedienung ist so intuitiv wie bei Kompaktkameras. Man kann die Kamera anderen Leuten in die Hand drücken, ohne erklären zu müssen, wie man die Kamera halten muss und wo der Sucher ist. Halleluja! 😉
⛔ Systemkameras sind filigraner und weniger robust
Sony Alpha 5000: Erste Eindrücke
Der Umstieg von einer Spiegelreflexkamera auf die Sony Alpha 5000 war zuerst ziemlich schlimm. Kein Sucher, kein Programmrad, kein blitzschnelles manuelles Fokussieren und die ganze Menü-Fummelei – daran muss man sich erst mal wieder gewöhnen. Aber nicht nur das hat mich an der Kamera gestört:
⛔ Der Akku hält bei intensiver Benutzung nur 3-4 Tage und wird standardmäßig per USB-Kabel aufgeladen. Das ist jedes mal ein Gefiesel und gerade im Urlaub total unpraktisch. Nicht immer gibt es bei der Steckdose einen Platz, um die Kamera abzustellen, und in Hostel-Dorms muss man sich dann auch noch jedes Mal beim Aufladen Sorgen machen, ob jemand die Kamera herunterschmeisst oder ob sie wegkommt. Ein Ladegerät wird definitiv meine nächste Anschaffung sein.
⛔ Die Sony Alpha 5000 ist zwar kompakt, aber keine Hosentaschenkamera. Sie herunterfallen zu lassen oder sich draufzusetzen sollte man tunlichst vermeiden. Eine passende Kameratasche ist obligatorisch!
⛔ Zum Display fehlen mir die Worte. Dunkle Bildbereiche sehen vermatscht aus und die Bildschärfe lässt sich kaum beruteilen.
⛔ Wer denkt, dass eine spiegellose Kamera keine Auslösegeräusche macht, der irrt! Das Verschlussgeräusch ist bei der Alpha 5000 recht laut.
Ich dachte ehrlichgesagt erst, ich hätte den totalen Fehlkauf gemacht. Doch nachdem der erste Umgewöhnungs-Schock vorbei war, konnte ich mich auch auf die vielen positiven Seiten der Kamera besinnen:
✅ Die Bilder sind gestochen scharf mit intensiven, aber nicht unnatürlich wirkenden Farben – das sieht man jedoch erst am PC!
✅ Der Fokus ist unter Normalbedingungen treffsicher und schnell
✅ Das Schwenkdisplay ist Gold wert
✅ Fotos können per WLAN auf’s Handy oder den Computer geladen werden – I love it!
✅ Die Kamera liegt gut in der Hand und macht einen absolut hochwertigen Eindruck
✅ Die Menüführung ist sehr einfach und intuitiv
✅ Das ausfahrbare Kit-Objektiv ist extrem kompakt (nur 3cm tief im ausgeschalteten Zustand) und mit einem festen Deckel optimal vor Kratzern geschützt.
Sony Alpha 5000 im Praxistest in Indien
Landschaften
Landschaftsaufnahmen sind natürlich ein Klacks und machen mit dem 16mm-Weitwinkel richtig Spaß. Randunschärfen oder andere Verzerrungen kann man mit bloßen Auge nicht erkennen.
Portraits
Dass das Kit-Objektiv bei Portraits so schön freistellen (das heißt, den Hintergrund unscharf machen) würde, hatte ich wirklich nicht erwartet. Dank der automatischen Gesichtserkennung wird die Haut außerdem weichgezeichnet (“Soft-Skin-Effect”) – so spart man sich die Nachbearbeitung. Wer es ernst mit Portraitfotografie meint, sollte aber gleich in eine zusätzliche 50mm Festbrennweite mit 1,8-Blende investieren.
Events
Eventfotografie mit der Sony Alpha 5000 war ziemlich enttäuschend. Durch den geringen Zoom (3x) hat man generell schon mal schlechte Karten, wenn man nicht nah am Geschehen dran sein kann. Bei bewegten Objekten hat die Kamera generell zu langsam fokussiert und bei schlechten Lichtverhältnissen hat der Blitz viel zu unvorhersehbar und zeitverzögert ausgelöst. Im Serienmodus macht die Alpha 5000 außerdem nur 3 Bilder pro Sekunde. Wem diese Aspekte wichtig sind, sollte zu den schnelleren Nachfolgemodellen wie der Sony Alpha 6000 greifen.
Nachtaufnahmen
Nach diesen Bildern von einer nächtlichen Hindu-Zeremonie war ich wirklich baff. Hier zeigt sich, warum es sich lohnt, eine Kamera mit ordentlichem Sensor anzuschaffen: bei ISO3200 ist kein nennenswertes Rauschen festzustellen. Auch ohne Stativ können sich diese Nachtaufnahmen sehen lassen.
Street Photography
Mit so einer kleinen, unauffälligen Kamera macht Street Photography unheimlich Spaß. Dank des schwenkbaren Displays kann man auch “aus der Hüfte heraus” fotografieren. Wenn bloß nicht das hässliche Verschlussgeräusch wäre…
Makro
Das Kit-Objektiv eignet sich wegen des Mindest-Fokussierabstands von 25cm nicht für echte Makro-Fotografie, für ein paar nette Nahaufnamen reichts aber allemal.
Selfies
Yep, heutzutage hat eine Digitalkamera natürlich eine Selfie-Funktion: indem Du den Bildschirm vollständig um 180° nach oben klappst, kann Du Dich selbst beim Fotografieren sehen und es wird automatisch ein 3-Sekunden-Timer aktiviert. Vor dem Auslösen wird zwar nicht mehr nachfokussiert, aber man hat nochmal Zeit, seine Pose zu überdenken und nicht ganz so angestrengt zu schauen 😉 gerade für mich als Alleinreisende eine coole Sache!
Panorama-Modus und andere Spielereien
Der Panorama-Modus war eins der Gimmicks, auf die ich mich schon gefreut hatte. Allerdings ruckelt die Kamera da so sehr, dass ich dann doch lieber mein Handy zücke. Von den ganzen typischen Kompaktkamera-Spielerein benutze ich nur den Sonnenuntergangs-Modus. Für die Fans von HDR gibt es eine integrierte Verarbeitung mit 3 Belichtungsstufen.
Mein Fazit
Die Sony Alpha 5000 bietet hervorragende Bildqualität zu einem wirklich guten Preis. Das mitgelieferte Objektiv ist für Reisen sehr vielseitig einsetzbar. Da der Neupreis für die Kamera mittlerweile auf über 500 Euro angestiegen ist, lohnt sich in jedem Fall eine Investition in das neuere Modell Sony Alpha 6000.
15 comments
Hey, ich habe auch die Sony Alpha 5000 und werde bald nach Südafrika in Urlaub gehen. Ich bin mir sehr unsicher, ob ich mir ein neues Objektiv für die Kamera kaufen soll, da der Zoom bei dem Standardobjektiv ja nicht sooo gut ist. Steffi, oder irgendjemand anderes, hast du / habt ihr da einen Tipp? Wie seht ihr das?
Liebe Grüße =)
Hi Elena,
also 50mm kannst du auf Safari total vergessen, das ist ja umgerechnet nur ein 3-fach Zoom. Da brauchst du ein anstaendiges Tele-Objektiv…. wie waere es mit diesem SELP 55-210mm?
VG Steffi
Meine Kamara ist eine Sony Digitalkamera A 58 + Festbrennweite 35 mm F 1,8. Es macht beim fotografieren viel mehr Spass durch die sehr gute Lichtstärke. Auf Fototour habe ich oft nur die Festbrennweite dabei. Festbrennweiten sind viel leichter wie Teleobjektive, so ist das Reisen viel angenehmer. Objetiv von 16 – 50 F 3.5-5,6 da fehlt mir die Herausforderung beiim fotografieren.
Meiner Sony A 58 ein super Teil, darum noch keine Systemkamera.
Grüssle Jens
Vielleicht ein paar Worte noch zum Aufladen per USB. Meine Kamera hat das und ich muss sagen: Ich würde nichts anderes mehr wollen. Wieso? Ich lade eine relativ starke Powerbank mit 20000mAh dabei. Wenn die Kamera plötzlich unerwartet den Geist aufgibt, kann ich mich irgendwo zehn Minuten in den Schatten setzen, sie per USA laden und hab dann wieder 50 Bilder, die ich machen kann. Super finde ich auch, dass nun wirklich jedes meiner elektronischen Geräte den gleichen Anschluss hat und ich deswegen viel weniger Stecker und Kabel mitnehmen muss.
Ja das stimmt natürlich! Seitdem ich eine Powerbank habe, habe ich das auch sehr zu schätzen gelernt! Trotzdem ist leider schon das eingetreten, was ich befürchtet hatte – der USB-Anschluss an meiner Kamera hat nen Wackler :/ momentan funktioniert’s noch einigermaßen. aber bald werd ich mir das externe Ladegerät besorgen müssen. Echt ärgerlich.
Hi Steffi,
ich persönlich fotogafiere immer mit Spiegelreflex, aber hab mir auch schon überlegt, dass ich mir auf lange Sicht wohl noch eine (kleinere) Systemkamera zulegen muss.
Bisher kenne ich mich in diesem Bereich nicht aus, deswegen danke für die Vor- und Nachteile deiner Kamera:)
LG, Monique
ich hab mir ja für aktivitäten, bei denen mir die DSLR zu schwer ist, die canon g15 angeschafft. ich bin mit der aber nicht happy, weil ich mit dem fokus nicht zurechtkomme und sie bei schwierigeren lichtverhältnissen für mich eine totale enttäuschung ist. von der sony alpha höre ich immer und immer wieder. ich denke, ich werde die canon beizeiten ersetzen, die sony kommt da schon in die engere auswahl, aber auch von fuji hab ich schon viel gutes gehört. mal sehen!
Hi Steffi,
vielen Dank für den tollen Bericht. 🙂 Ich stehe vor dem gleichen Wechsel. Auf den letzten Reisen habe ich meine Nikon D5200 mit 18-105mm genutzt. Die war aber trotzdem schwer und klobig. Heute kam die Sony 5000 an (für 280€ mit dem 16-50mm). Am Wochenende werde ich ausgiebig testen denn in 9 Tagen geht es für eine Wochen nach Marokko 🙂
Liebe Steffi, ich habe das Nachfolgemodell, die Sony Alpha 6000. Habe mir vor der Anschaffung etliche Gedanken gemacht, aber da ich eh’ eine neue Kamera brauchte, habe ich mich auch ganz bewusst gegen eine Spiegelreflex entschieden. Nachdem die Eingewöhnungszeit auch ein ganzes Weilchen gedauert hat, bin ich damit echt zufrieden. Eine perfekte Reisekamera, wie ich finde… Viele Grüße, Beatrice
Salut Steffi !!
Ich bin zufällig via deine Iran-Beiträge auf deinen supertollen Blogg gestolpert & komm seither nicht mehr davon los 😉 Deine Berichte sind so spannend geschrieben & deine Fotos sind superschön !
…dazu auch meine Frage – mit welchem Programm bearbeitest du deine Fotos ? Und kannst du da eventuell ein Buch dazu empfehlen, um sich das selbst beizubringen ? Ich bearbeite meine Fotos mit Photoshop CS6 und schaue mich durch jenste Youtube Posts, hab aber etwas Mühe da dranzubleiben 😉
Liebe Grüsse
Selina
ps. danke für deine Inspiration – nach der Lektüre deiner Posts zu Iran und einigen Büchern steht dieses faszinierende Land nun auch auf meiner to do liste 🙂
Hi Selina!
anke für deine netten Worte und schön, dass ich dich für den Iran begeistern konnte! 🙂
Ich bearbeite meine Fotos mit Lightroom 5, das ist viel selbsterklärender als Photoshop, habe nie ein Buch dazu gelesen, nur ab und zu Videotutorials angesehen.
LG Steffi
Liebe Steffi !
Vielen lieben Dank für deine Antwort. Werd mir doch mal den Kauf von Lightroom überlegen – hab schon von vielen gehört, dass dort die Fotobearbeitung viel einfacher zu handhaben ist als mit PS…
Liebe Grüsse
Selina
Hallo liebe Steffi,
ein sehr spannender Beitrag! Als Freundin eines Fotografen kann ich bestätigen, dass man mit einer DSLR extrem viel Gewicht mit sich schleppt. Wir haben immer zumindest 3 Objektive dabei, die dann zu der ohnehin schon schweren Nikon D600 hinzukommen. Bisher konnte ich meinen Freund leider nie davon überzeugen, dass für manche Destinationen wohl auch eine gute Systemkamera reichen würde. Ich könnte mir gut vorstellen, dass ich persönlich mit einer Systemkamera lieber fotografieren würde als mit der schweren Spiegelreflexkamera. Vor kurzem habe ich bei Freunden eine Systemkamera ausprobiert und war – was die Nachtaufnahmen betrifft – nicht sooo begeistert. Seitdem bin ich wieder ein bisschen zwiegespalten ;). Ich fürchte wohl, um annähernd die Qualität unserer DSLR zu erreichen, müsste ich ziemlich viel Geld in die Hand nehmen…
Ich wünsch dir jedenfalls weiterhin viel Spaß auf deinen Reisen!
Liebe Grüße,
Kathi
Hallo Steffi,
jetzt muss ich mal hier bei dir melden, nachdem ich selbst vor kurzem auf eine Systemkamera umgestiegen bin. Zunächst vielen Dank für deine Bilder und Berichte aus fremden Ländern. Ich mag deine direkten und persönlichen Eindrücke sehr – insbesondere die von ungewöhnlichen Reisezielen. Sie heben sich wohltuend von so manchen Floskeln über Standardziele ab.
Deine Bilder finde ich toll, auch die mit der neuen Kamera 😉
Ich wollte hier nur kurz berichten, dass ich ein Jahr mit mir gerungen habe, bevor ich mir eine neue Kamera gekauft habe. Für mich war auch klar, dass es eine Systemkamera werden sollte. Ich hatte zwar schon von der großen und schweren analogen Spiegelreflex (von Minolta) auf eine mit halbdurchlässigen Spiegel (von Sony) umgestellt, kannte also den elektronischen Sucher schon. Ich wäre auch gerne bei Sony geblieben, doch bei der alpha5000 und der alpha6000 hat mir das Spiegelreflex-Feeling gefehlt. (Kannst du tatsächlich keinen Zweitakku mit externem Ladegerät für die Kamera verwenden – bei längeren Bergtouren wäre das für mich nicht machbar.) Nach einem Jahr Tests habe ich mich dann entschieden, mein System auf Olympus umzustellen – und bin bisher begeistert. Allerdings habe ich ergänzend zum Kit-Objektiv (mit Makro) auch noch ein Weitwinkel-Zoom und ein kleines Tele erworben, so dass die Anschaffungskosten nicht unerheblich waren, im Vergleich zu deiner Sony 5000 hat alleine das Kit das Vierfache gekostet. Wenn du mehr über meine Entscheidung lesen willst, kannst du hier nachsehen: http://www.pflugblatt.de/erste-erfahrungen-mit-der-neuen-kamera-olympus-om-d-m5-mii/
Alles Gute für die Feiertage und viele spannende Reisen im neuen Jahr wünsche ich.