Mächtige Bergriesen, buddhistische Klöster und eine Politik, die sich mehr für das Glück der Menschen als für die Wirtschaft interessiert: Bhutan ist ein spannendes Land, das auch Frauen alleine bereisen können.
In diesem Artikel verrät euch Gastautorin Bernita, worauf ihr achten müsst. Alle anderen Artikel der “Alleine Reisen als Frau”-Reihe findest du hier.
Seit ich die Gipfel des Himalayas das erste Mal vom Flugzeug aus sah, hat mich Bhutan nicht mehr losgelassen. Ein endloses Mosaik aus Schnee und Fels, und dazwischen ferne grüne Täler, in denen alte Traditionen nach wie vor lebendig sind. Sogar die entlegenen Gebiete sind keine Tabus für Frauen, die das Abenteuer lieben.
Bhutan ist ein sicheres Reiseland
Ich war mittlerweile schon oft in Bhutan und jedes Mal habe ich mich sicher gefühlt. In diesem Land würde ich sogar nachts allein durch die Straßen laufen!
Die Bhutanesen sind in der Regel friedliebende Menschen, die mit buddhistischen Tugenden groß geworden sind. Seit jeher spielt die Religion in diesem Land eine große Rolle, die fest in der nationalen Kultur verankert ist. Dass Mitgefühl für alle Wesen und Selbstlosigkeit zu den Grundpfeilern des Buddhismus gehören, spürt man in diesem Land irgendwie.
Und das soll auch so bleiben. Als vor rund 20 Jahren Fernsehen und Internet eingeführt wurden, schwappte natürlich auch die Gewalt der US-Filme nach Bhutan. Wie reagierten die Bhutanesen? Sie unterbanden bei extremen Szenen kurzerhand den Satellitenempfang.
Unterwegs mit Fahrer
Bhutan ist offen für Gäste, will aber Touristenhochburgen vermeiden. Deshalb muss jeder Besucher seine Reise über eine Agentur abwickeln und mindestens 250 US-Dollar pro Tag ausgeben. Das ist zwar viel Geld, aber im Preis ist unter anderem der Transport dabei, d.h. du bist mit Fahrer und Guide unterwegs. Das wiederum sorgt für noch mehr Sicherheit.
Auch wenn du allein in Bhutan ankommst, hast du also immer einen Ansprechpartner an deiner Seite, dem du Fragen stellen kannst. Verständigungsschwierigkeiten, eine trotz Google Maps nicht auffindbare Unterkunft oder kulturelle Unsicherheiten lassen sich so leichter vermeiden. Das macht es für Alleinreisende viel einfacher.
Die inoffizielle Kleiderordnung
Bhutan ist zumindest in einem Punkt der krasseste Gegensatz zu Lateinamerika, den man sich vorstellen kann: Es gibt überhaupt keine Anmache. Bhutanesen sind eher zurückhaltend, sie quatschen nicht jeden an, den sie auf der Straße sehen. Trotzdem sollte man sich entsprechend kleiden, um sich an das hiesige Straßenbild anzupassen.
In Bhutan trägt man immer noch die Landestracht: Viele Frauen kleiden sich stolz mit der Kira, einem knöchellangen Kleid, das aus rund drei Quadratmetern Stoff besteht, mehrfach um den Körper gewickelt und mit Bluse und Jäckchen kombiniert wird. Zwar muss eine Europäerin nicht dasselbe tragen, aber mit langer, weiter Kleidung passt man sich am besten an. Trägertops und Miniröcke sollten besser zu Hause bleiben.
Respektieren und respektiert werden
Ich bin einmal mit drei Männern hoch zu Ross durch ein abgelegenes Dorf geritten. In einem anderen Land, das kaum von weißen Frauen bereist wird, hätte ich vielleicht misstrauische, aufdringliche oder ängstliche Blicke geerntet. Aber einer der Männer, an denen ich vorbeikam, zog respektvoll seinen Hut. Das hat mich sehr beeindruckt!
Frauen bekleiden zwar selten politische Ämter in Bhutan und sind häufiger Analphabeten als Männer, aber sie haben einen höheren Status als in anderen asiatischen Ländern. In einer traditionellen Familie hat die Frau das Sagen, wenn es um häusliche Angelegenheiten geht, denn das ist ihre Domäne. Sie vererbt Haus und Hof an ihre Töchter – die Söhne müssen sich anders behelfen und ziehen nach der Heirat zu ihrer Braut. Weil das Vermögen heute eher an Geld als an Landbesitz gemessen wird, sind Männer mittlerweile unabhängiger vom Hab und Gut ihrer Frauen. Andererseits gibt es auch Frauenprogramme, die Frauen zu einer besseren Karriere verhelfen sollen.
Alles in allem kann eine Frau damit rechnen, überall im Land respektiert zu werden. Diesen Respekt sollte man natürlich zurückgeben, indem man offen für die Kultur des Landes ist und beispielsweise angebotenen Tee nicht ablehnt. Das wäre eine Beleidigung.
Einladungen annehmen
Vielleicht passiert es dir, dass dich ein Bhutanese zu sich nach Hause einlädt. Ich war beispielsweise bei einer Familie zu Gast, die eine buddhistische Haussegnungszeremonie durchführen ließ. Mönche in roten Roben und mit rasierten Schädeln sangen monotone Hymnen, um das Haus zu reinigen und Glück zu bringen. Die Gebete dauerten den ganzen Tag und waren sehr beeindruckend. So eine Chance sollte man sich nicht entgehen lassen!
In den Städten sprechen viele Bhutanesen Englisch, so dass man sich gut unterhalten kann. Dabei sollte man stets Vorsicht walten lassen, weil uns manche Sitten fremd sind. So ist es beispielsweise ein Zeichen von Macht und Ansehen, mehrere Frauen oder Männer (!) zu heiraten. Der letzte König beispielsweise hatte vier Ehefrauen. Den Monarchen solltest du auf keinen Fall beleidigen – hier kennen die Bhutanesen keinen Spaß!
Trekkingtouren und Klöster
Als Frau kannst du im Prinzip überall hingehen. Wenn du eine Trekkingtour in abgelegenen Gebieten machen oder länger unterwegs sein willst, solltest du auf jeden Fall einen Guide mitnehmen. Er kennt den Weg und kann dir helfen, falls du etwas brauchst.
Wenn du einen Tempel oder ein Kloster besuchst, trag am besten feste Schuhe mit Socken, da Flipflops und Sandalen mancherorts verboten sind. Wenn möglich, bleibe für ein paar Stunden im Kloster, um an den Gebeten oder Meditationen teilzunehmen. Von einer Übernachtung würde ich eher abraten, da die hygienischen Bedingungen für westliche Frauen eher ungeeignet sind.
Wenn man sich auf die Klosteratmosphäre einlässt, bekommt man mit der Zeit eine andere Perspektive aufs Leben. Ich hatte das Gefühl, dass inmitten dieser Einfachheit, der mächtigen Berge und den ruhigen Menschen alles andere an Bedeutung verliert. Dass es ausreicht, einfach nur da zu sein und zu atmen.
Wie war Deine persönliche Erfahrung als alleinreisende Frau in Bhutan? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
Über die Gastautorin
Bernita war schon in Indien und Costa Rica, Norwegen und Andorra, Madeira und Sri Lanka – und in vielen weiteren Ländern. Letztes Jahr war sie viel in Bhutan unterwegs, einem Land, das sie besonders fasziniert. Die Erfahrungen, die sie gesammelt hat, sind alle in die Reisen geflossen, die sie zusammen mit ihrer Schwester Michaela organisiert. Mehr Infos findest du auf der Webseite von Wainando.
In der Serie “Allein Reisen als Frau” teile ich mit Dir meine persönlichen Erfahrungen als Solo-Backpackerin in verschiedenen Ländern. Welche Tipps kann ich Dir geben und was solltest Du als Frau in diesem Land beachten?
Teil 1: Allein Reisen als Frau in Marokko
Teil 2: Allein Reisen als Frau im Balkan
Teil 3: Allein Reisen als Frau in Istanbul
Teil 4: Allein Reisen als Frau im Iran [coming soon]
Teil 5: Allein Reisen als Frau in Indien
4 comments
Super interessantes Land. Aber wie im Text erwähnt darf man das kleine Bergkönigreich nur im Rahmen einer geführten Tour besuchen und muss mindestens 250 bis 290 USD pro Tag ausgeben. Das ist ja doch sehr einschränkend…
Ja klar, und momentan könnte ich mir auch nicht vorstellen, dort hinzureisen. Ich schätze, in den nächsten 20-30 Jahren werden einige andere Länder, Inseln und Städte diesem Beispiel folgen… und das ist nun mal ihr gutes Recht 😉