Noch immer sieht man deutlich mehr männliche Reisende mit dem Rucksack auf dem Rücken durch die Welt stolzieren, zumindest in allgemein als eher „unsicher“ eingestuften Reiseländern. Doch warum sollte sich das Backpacking bloß auf die männliche Geschlecht beschränken? Frauen können heutzutage als Alleinreisende ebenso dem Abenteuer mit Rucksack auf den Schultern die Stirn bieten wie Männer. Davon bin ich überzeugt, und das will ich mir und allen anderen Frauen immer wieder auf’s Neue mit den unterschiedlichsten Reisen beweisen.
Was insbesondere Frauen bei dem täglichen Reise-Chaos und der Sinnesüberflutung an Erlebnissen, Menschen und Gerüchen und Geräuschen fern von unserer Heimat eine kleine Stütze sein kann, möchte ich in diesem Artikel basierend auf meiner Erfahrung mit euch teilen.
Ungebetene Verehrer in die Flucht schlagen
Beim Thema “alleinreisende Frau” kommt vielen dieses Bild in den Sinn: Männliche Einheimische, die immer wieder aufs neue Beute wittern, sobald eine Alleinreisende auf der Strasse vorbeiläuft, und diese belagern. Das ist zunächst einmal völlig übertrieben und fernab der Realität, aber natürlich auch zu einem gewissen Grad eine Frage des Reiseziels. In vielen Ländern sind die Männer sehr höflich und zurückhaltend. In buddhistischen Ländern wie Thailand oder Myanmar ist es zum Beispiel eine Seltenheit, dass Frauen angemacht werden.
Da ich jedoch, wie ihr vielleicht wisst, besonders von Lateinamerika und dem Orient angetan bin, habe ich auch schon die andere Seite der Medaille kennengelernt. Hier kann man kaum noch von einem Klischee reden, sondern von tief verwurzelten patriarchalischen Strukturen. Man kann anzügliche Kommentare beim Vorbeigehen bekommen, oder muss aufdringliche Anmachversuche über sich ergehen lassen. Das kann schon ganz schön nervig sein.
Dabei kommt es meines Erachtens sehr auf die eigene Ausstrahlung an. Viele Situationen lassen sich schnell abwenden, wenn man die notwendige Portion Selbstbewusstsein an den Tag legt. Eine klare, starke Stimme und ein schlagfertiger Spruch genügen hier meistens.
Was ich aber in konservativen Ländern wie Indien oder der Türkei oft erlebt habe war, dass ein höfliches Auftreten von seiten der Touristinnen direkt fehlinterpretiert wurde und sie die Verehrer anschließend nicht mehr los wurden. Also ausnahmsweise mal die Höflichkeiten und Freundlichkeiten im Alltag ablegen – jedes noch so kleine Lächeln kann Hoffnung erwecken.
Teilweise nützt auch die Ausrede (oder eventuelle Wahrheit), man habe einen Freund, nichts mehr. Da muss dann schon ein präsentere Abschreckmethode ran – sprich, ein männlicher Begleiter, ein Kumpel oder auch nur Bekannter aus dem Hostel, den man vorher bittet, sich ein wenig in der Nähe aufzuhalten.
Was Wunder bewirken kann, sind schon fast übermäßig deutliche Abfuhren – allerdings in der einheimischen Sprache. Ein „déjame en paz“ (Lass mich in Ruhe) oder ein „lárgate“ (“Verschwinde!”) wirkt meist einschüchternder und wirkungsvoller als ein unsicheres Ausweichen auf Englisch oder gar keine Antwort. Hier sollte man aber in jedem Fall abwägen, ob so eine raue Antwort tatsächlich notwendig ist, oder ob eine höflichere Form vielleicht doch genügt.
Wenn man diese Dinge im Kopf behält, sollten aufdringliche Flirtversuche also in keinem Fall ein Grund sein, sich nicht an eine Soloreise heranzuwagen. Dennoch ist der Machismus in vielen Ländern noch ein großes und ernstzunehmendes Thema, mit dem man sich auseinandersetzen sollte. Im Balkan habe ich teilweise kritische Erfahrungen dazu machen müssen und auch in Kuba kam ich oft an meine Grenzen – dazu mehr in meinen Reiseberichten.

Der gute alte Hausverstand
Eng verbunden mit diesem Thema ist die Frage, wie vorsichtig man sich als Frau auf Reisen bewegen sollte. Natürlich kommt es dabei auch sehr auf die Länderwahl an. Dabei kann man sich im Vornherein sehr gut informieren im Internet, auf welche Dinge man besonders achten sollte, und als wie „gefährlich“ das jeweilige Land eingestuft wird.
Wichtig ist aber immer, den guten alten Hausverstand nicht abzustellen – macht auf Reisen keine Dinge, die ihr zuhause auch nicht tun würdet – also zum Beispiel nachts alleine und betrunken durch dunkle Gassen oder am Strand zu spazieren. Ein Geld für ein Taxi sollte in solchen Fällen immer drin sein – Sicherheit geht vor Budget!
Offenheit bewahren und aufs Bauchgefühl hören
Fakt ist jedoch auch, dass es keine allgemein anwendbare Anleitung gibt, wie man sich in einzelnen Situationen zu verhalten hat und dass jede:r Reisende:r unterschiedliche Erfahrungen machen wird, was die Sicherheit in den jeweiligen Reiseländern angeht. Ich kann bloß aus meiner Erfahrung sagen, dass ich viele bereichernde Bekanntschaften niemals geschlossen hätte, hätte ich mir meine Offenheit gegenüber Menschen nicht bewahrt.
Nachdem man etliche Male von Fremden angesprochen wurde, die einen anbaggern oder abzocken wollen, kann man irgendwann dazu neigen, in jedem Einheimischen etwas schlechtes zu sehen. Doch gerade die Menschen, ihre Kultur und Mentalität sind in meinen Augen die eigentliche Bereicherung auf Reisen, und in jedem Land warteten bisher offene, warmherzige oder interessante Menschen auf mich.
Man sollte die Vorsicht immer im Hinterkopf behalten, und die klassischen Regeln, wie nachts nicht alleine unterwegs zu sein, ernst nehmen; doch ich traue jeder Frau zu, die jeweilige Situation
mithilfe von Auffassungsgabe und Bauchgefühl einschätzen zu können.
Kontakt zu den Lieben
Frauen sind ja oft das Kommunikativere der beiden Geschlechter. Ob nun Klischee oder Wahrheit, vermutlich kennt jede Frau das Bedürfnis sich nach einem einschneidenden, besonderen Erlebnis einer guten Freundin oder vielleicht dem Freund oder der Schwester mitzuteilen – und davon gibt es auf einer Reise nun mal so so viele.
Zum Reisen gehört eine gehörige Portion Loslassen – um den Moment aufnehmen zu können, sollte man nicht ständig mit den Gedanken zuhause sein und ebenso wenig in ständigem Kontakt mit aller Welt sein.
Dennoch halte ich nicht sehr viel von dem absoluten Abkapseln von Zuhause. Ganz besonders wenn die Reise sich über mehrere Monate zieht, tut es manchmal einfach gut, sich mit den Liebsten austauschen zu können. Sei es auch nur für ein paar Minuten – man fühlt sich für einen kurzen Moment verbunden mit Zuhause und nicht so sehr auf sich alleine gestellt. Mit unseren heutigen Möglichkeiten über Skype, Whatsapp und Co. ist man ja auch nur einen Handgriff und eine WiFi-Verbindung von einem ersehnten Gespräch entfernt (wenn sich nicht gerade die Zeitumstellung in den Weg stellt).
Doch wer bereits alleine gereist ist weiß natürlich, dass innerhalb kürzester Zeit Bekanntschaften geschlossen werden, aus denen sich nicht allzu selten tiefe Freundschaften entwickeln. Und sei es nun Bekannte, Freunde oder auch Fremde, irgendjemand trifft man immer, der dem Mitteilungsdrang freudig entgegenkommen wird.
Reisefinanzierung
Schon viel zu oft habe ich miterlebt, wie Reise- und Backpacking-Pläne bis ins Unendliche in die Zukunft verschoben wurden, da die Leute überzeugt waren, das angesparte Geld würde niemals für eine längere Reise ausreichen.
Zunächst einmal: Hab keine Scheu, Reisen zu Deiner obersten Priorität zu machen! Andere stecken zehntausende Euros in Autos, Designerklamotten oder Schmuck. Wenn Du wie ich gestrickt bist, wirst Du es mit Sicherheit nicht bereuen, Dein Geld in Reisen zu stecken. Kaum eine Investition wird Dir so viele Erinnerungen, Erfahrungen, glückliche Momente und auch Herausforderungen bescheren im Leben, wie eine Reise.
Und als nächstes: Nur Mut! Mit etwas Vertrauen lassen sich viele Probleme lösen, auch die Finanziellen. Du musst ja keine Luxusreisen auf Voyage Privé buchen. Heutzutage gibt es so viele Möglichkeiten, günstig zu reisen. Wie ihr ja wisst, bin ich ein großer Fan und auch Nutzer des Couchsurfings. Ebenfalls sehr beliebt ist heutzutage Freiwilligenarbeit. Beispielsweise in einem Hostel, auf einer Farm, oder in einer Schule vielleicht. Dafür bekommt man meist freie Kost und Logis und kann so mit minimalen Ausgaben an wunderschönen Orten verweilen. Eine der bekanntesten Plattformen dieser Art ist Workaway.
Eine weitere Möglichkeit, um Reisen leichter finanzieren zu können, ist das Arbeiten von unterwegs aus. Hier sind ein paar Optionen, wie Du von unterwegs Geld verdienen kannst:
- Sprachunterricht: unterrichte Deine Muttersprache über eine Online Sprachschule.
- Reselling: die Koordination von Online-Verkäufen von anderen Anbietern, beispielsweise bei Ebay.
- Übersetzungsarbeit: Hierfür braucht man natürlich mindestens eine Fremdsprache – je mehr desto besser – und Spaß am Schreiben.
- Reiseblogger: Wer wie ich gerne reist und seine Eindrücke mit anderen teilen möchte, wird dieser Job viel Freude bereiten. Jedoch kann man nicht von Anfang an mit einem Einkomme rechnen.
- Lektor: Sichere Rechtschreibung und ein guter Schreibstil sind hierbei Voraussetzung.
Reiseziele für Alleinreisende Frauen im Sommer 2020
Fernreisen sind momentan erst einmal undenkbar, und da stellt sich natürlich die Frage, wohin soll man diesen Sommer reisen?
Da im Grunde nur Europa in frage kommt, was sich hervorragend für eine erste Solo-Reise eignet, würde ich Dir Städte empfehlen, die normalerweise unter Massentourismus leiden, aber jetzt unter dem Ausbleiben der Massen finanziell stark leiden. Beispielsweise Prag, Venedig oder Dubrovnik.
1 comment
Schön, dass du die Offenheit betonst! Die ist echt wichtig zu behalten – wenn das auch extra schwierig wird manchmal. Was auch ein bisschen hilft, ist ein “Ehering”.