Von der Türkei kommend war der Nordwest Iran die erste Region, die ich in der islamischen Republik besucht habe.
Was ich dort vorfand, hat kräftig das Bild auf den Kopf gestellt, das ich davor vom Iran hatte: statt Wüste und Hitze erwarteten mich grüne Wiesen, schneebedeckte Berge, Meer & Strand, Burgen, Klöster, Teeplantagen und Thermalquellen.
Der Nordwesten Irans ist auch deshalb spannend, da hier nicht Perser, sondern hauptsächlich Azeris, also Aserbaidschaner leben – kurioserweise leben im Iran sogar mehr Azeris (17 Millionen) als im Nachbarland Aserbaidschan selbst (8 Millionen).
Die vorrangige Sprache im Nordwest Iran ist deswegen auch Aserbaidschanisch, eine Turksprache, die mit Persisch überhaupt nichts am Hut hat. Die Azeris freuen sich immens, wenn du ein paar Phrasen wie yach-tse / yach-schi (gut) oder tschoch sa-ol (vielen Dank) in ihrer Muttersprache beherrscht.
Sehenswürdigkeiten in Nordwest Iran
PROVINZ ASERBAIDSCHAN
Tabriz | Hauptstadt der Azeris
Tabriz ist das kulturelle Zentrum der Azeris. Obwohl es dort an sich nur wenige Sehenswürdigkeiten gibt, ist Tabriz eine nette und angenehme Großstadt und ein sehr guter “Einstieg” in den Iran.
Ein Must-See ist der gigantische, 7 Quadratkilometer große Basar, der zum Unesco Welterbe gehört.
Weitere Sehenswürdigkeiten sind die blaue Moschee hinter dem Khaqani Garten, das merkwürdige deutsche Rathaus mit Teppich-Museum, und der landesweit berühmte Elgoli Park.
★ Spezialitäten: Heiße Rote Beete (labu) von den Straßenständen (sehr lecker!)
★ Transport: Zur türkischen Grenze sind es 4 Stunden im Sammeltaxi (300.000 Rial). Teheran ist per Bus oder Zug in 9-10 Stunden zu erreichen.
Kandovan | Kappadokien des Iran
Kandovan, das “Kappadokien des Iran”, ist ein kleines Felsdorf eineinhalb Stunden südlich von Tabriz. Wie im berühmten türkischen Nationalpark haben die Menschen hier Höhlenwohnungen in die hinkelsteinartigen Felsen gegraben. Iraner besuchen Kandovan besonders für die frische Luft, die guten lokalen Produkte vom Basar, und um sich etwas vom angeblich heilkräfigen Quellwasser mitzunehmen.
Ich hätte es nie nach Kandovan geschafft, wenn mich nicht eine liebe Omi in Tabriz unter die Fittiche genommen und zum richtigen Busbahnhof mitgenommen hätte. Viel gesehen habe ich von Kandovan nicht, da meine “Omi” mich 1 Stunde lang durch den Basar geschleift hat, um Honig, eingelegte Früchte, Sirup und Nüsse zu kaufen.
Es lohnt sich sicher, einen ganzen Tag hier zu verbringen und die Wanderwege zu erkunden. Anfang November war es aber bereits bitterkalt.
★ Transport: Es gibt keine Busse von Tabriz nach Kandovan. Die nächste erreichbare Stadt ist Osku. Busse dorthin fahren irgendwo beim Bahnhof ab (10.000 Rial = 0,25€), aber am bequemsten und schnellsten sind die Sammeltaxis für 25.000 Rial (0,65€), die vom Terminal Square abfahren. Von Osku fahren nur Taxis nach Kandovan (ca. 250.000 Rial mit 1,5h Wartezeit).
Jolfa | Entlang der armenischen Grenze
Eigentlich ist es ziemlich ironisch, dass das erste sakrale Gebäude, das ich in der Islamischen Republik betreten habe, nicht eine Moschee war, sondern das christliche armenische Kloster St. Stephanos.
Dafür bin ich extra ins trostlose Städchen Jolfa an der aserbaidschanischen Grenze gefahren. Für das Taxi von Jolfa zum Kloster mit 30 Minuten Besichtigungszeit habe ich 400.000 Rial gezahlt (zu viel, aber ich wusste es damals nicht besser).
Auf dem Weg dorthin durchquert man das wunderschöne Tal des Aras-Flusses, das gleichzeitig die Grenze zu Aserbaidschan bildet. Deswegen sind Fotos des Flusses offiziell untersagt, worauf dich auch der Beamte am Kontrollposten aufmerksam machen wird. Wenn du es trotzdem wagst, solltest du die Fotos auf keinen Fall auf deiner Kamera oder dem Laptop lassen, denn falls du wegen Spionageverdacht in ein Polizeiverhör gerätst (ja, das passiert Ausländern gelegentlich), kann das ziemlich in die Hose gehen.
★ Transport: Busse aus Tabriz fahren nur bis zur nahen Stadt Hadiyshahr (2h, 25.000 Rial = 0,65€). Von dort braucht man ein Taxi nach Jolfa. Besser sucht man sich gleich ein schnelles direktes Sammeltaxi (ca. 75.000 Rial) – leider weiss ich nicht, wo die in Tabriz abfahren.
★ Unterkunft: Hotel Azerbaijan. Eine ziemliche Bruchbude, aber sehr liebe Mitarbeiter, auch wenn sie es vielleicht zu gut meinen wenn sie um 8 Uhr früh an meiner Tür klopfen und fragen ob es mir gut geht… (300.000 Rial = 7,50€ pro Nacht ohne Frühstück). Eine Nacht in Jolfa ehrlichgesagt lieber vermeiden!
PROVINZ ARDABIL
Ardabil | Heisse Quellen in der kältesten Stadt Irans
Ardabil ist eine der konservativsten und kältesten Städte im Iran – der erste Schnee hat mich hier schon Anfang November erwischt.
Es gibt ein bemerkenswertes Mausoleum und den Shorabil See, doch das große Highlight sind die Thermalbäder von Sareyn am Fuße des Mt. Sabalan. Ein sehr lokales Thermalbad ist das Gahve Suyi (Google Maps), Eintritt 60.000 Rial (1,66€).
★ Spezialitäten: Schwarze Halva (Halva Siyah – süßes karamellisiertes Sesammus)
★ Transport: Man kann entweder mit dem Taxi direkt von Jolfa durch das Aras-Tal nach Ardabil fahren (nicht günstig, da die Strecke nicht von Shuttletaxis bedient wird), oder man nimmt den Bus vom großen Busterminal in Tabriz.
PROVINZ GILAN
Rasht | Die liberale Stadt beim Kaspischen Meer
Wir verabschieden uns nun endgültig von Aserbaidschan und kommen in die Provinz Gilan, eine der Lieblings-Urlaubsregionen der Iraner. Besonders im Sommer genießen hitzegeplagte Hauptstädter dort den Regen am Kaspischen Meer, die kühle Luft in den Bergdörfern, die Teeplantagen und die Wanderung zur mittelalterlichen Festung Qal’eh Rudkhan.
In der Provinzhauptstadt Rasht gibt es eigentlich nichts zu sehen, aber sie ist die perfekte Basis für Ausflüge in die Umgebung.
Qal’eh Rudkhan | Mittelalterliche Festung in den Bergen
Eins meiner absoluten Highlights im Iran war die Wanderung zur mittelalterlichen Festung Qaleh Rudkhan. Allein schon die Anfahrt durch die alpine Bergkulisse mit weidenden Kühen lässt einen komplett vergessen, dass man sich im Iran befindet.
Qal’eh Rudkhan ist ziemlich touristisch, was ich aber hier positiv meine: es gibt viele leckere Essenstände am Wegrand, und durch die Präsenz von anderen Touristen ist die einstündigen Wanderung, die über zum Teil recht steile und rutschige Treppen geht, auch gut allein machbar.
★ Spezialitäten: Einfach kreuz und quer durch die Essensstände durchmampfen. Besonders lecker: Pfannkuchen, saure Früchte, Granatapfeleis mit Salz und Golpar (persisches Gewürz).
★ Transport: Sammeltaxi (savari) vom Yakhsazi Sqaure in Rasht nach Fuman (20.000 Rial, 30 Minuten), von dort ein weiteres Taxi zum Fuß der Burg (50.000 Rial, 25 Minuten)
Masuleh | Ein besonderes Bergdorf
Jeder, wirklich jeder Iraner wird dir von zwei Dörfern vorschwärmen: Abyaneh und Masuleh. Ich bin nach meiner Wanderung zum Qal’eh Rudkhan nur für einen Abend nach Masuleh gefahren, was ein ziemlicher Blödsinn war. Denn so hatte ich keine Zeit, mir die Wasserfälle in der Umgebung anzuschauen, und es war ohne Sonne verdammt kalt (ich hatte keinen Wintermantel dabei).
Das Dorf an sich hat mich jetzt nicht soo umgehauen. Das nächste Mal würde ich auf jeden Fall über Nacht bleiben, und vielleicht nicht gerade zum Wintereinbruch kommen. Der Bus von Fuman nach Masuleh kostet 2.000 Rial (0,05€).
Lahijan | Teeplantagen und Kekse
Nach Lahijan bin ich eher durch Zufall gekommen, da mich eine liebe Couchsurferin aus Rasht für einen Nachmittag auf eine Spritztour mitgenommen hat.
Es macht wahrscheinlich Sinn, sich vor Ort ein Taxi zu nehmen, um den Lahijan See und seine schöne Promenade, den Panoramaberg Sheitan Kuh und die umliegenden Teehäuser und Teeplantagen zu besichtigen. Neben dem Tee ist Lahijan für Kekse berühmt, die man im Café Noosheen naschen kann.
Bandar-e Anzali | Hafenstadt am Kaspischen Meer
Von den Stränden am Kaspischen Meer darf man sich nicht zuviel erwarten – der Sand ist schwarzbraun und es liegt ziemlich viel Müll herum. Die Begeisterung der Iraner für das Kaspische Meer liegt eher am erfrischenden Sommerregen.
Für einen schönen Abendspaziergang lohnt sich ein Besuch jedoch auf alle Fälle. Baden ist hier übrigens möglich, auch wenn Frauen in einen mit Plastikplanen abgedeckten Teil ausweichen müssen (oder komplett bekleidet ins Wasser müssen). Ein guter Zugangspunkt zum Strand ist das Dolphin Hotel.
PROVINZ QAZVIN
Qazvin | Die Hauptstadt der Safawiden
Letzter Halt vor Teheran ist Qazvin, eine alte Hauptstadt der glorreichen Safawid-Dynastie. Hier ist man wieder mitten im Klischee-Iran und kann sich an der Architektur des extrem schönen Imamzadeh-Schreins und der erst kürzlich renovierten Karavanserai ergötzen.
Außerdem ist Qazvin der Startpunkt für Wanderungen durch das Alamut-Gebirge zu den “Castles of the Assassins”.
Von Teheran kannst Du nun die klassische Iran-Rundreise durch Zentraliran starten. Infos dazu sowie weitere Tipps für die Vorbereitung Deiner Iran-Reise findest Du im Guide “Backpacking im Iran”:
Hast Du noch Fragen zum Nordwesten Irans? Warst Du schon dort und hast noch Tipps für meine Leser? Lass es mich in den Kommentaren wissen!
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